Saturday 28 August 2010

Zwischenstopp in Darwin

Was gibt es schöneres, als jemandem in der Kneipe mit einem zerschlagenen Bierglas das Gesicht zu zerstören. Da fällt mir eine ganze Menge ein. Manche Leute finden das aber geradezu die beste Beschäftigung, wenn sie ausgehen. Glassing attack. „Was hast Du denn am Wochenende so gemacht?“ „Samstagnachmittag hab ich „Bob the Builder“ auf DVD angeschaut und abends hab ich einem das Auge ausgestochen. Das war so cool, der war voller Blut. Das hättest Du sehen sollen“.

Wenn man abends aus dem Club rausgeht, kann das schon sein, dass man ganz anders aussieht als vorher. Nichts ist mehr so wie es mal war, im Paradies. Das Amt für Tourismus in Darwin verkündete, dass dort Gewaltverbrechen außer Kontrolle geraten sind. Pfeilchen, gebrochene Nasen, geschwollene Gesichter gehören zu einem vergnüglichen Abend genau so dazu, wie Musik zu hören oder ausgelassen zu tanzen. Darwin ist mit seinen ungefähr 125.000 Einwohnern mehr als sehr überschaubar.

Es gibt Vorschläge, Gastronomiebetriebe in Zonen einzuteilen. Für alle Schäden, die in ihrer Zone passieren, müssen die Betreiber dann aufkommen. „Sie haben ein blaues Auge. Dann holen sie sich doch bitte 49 $AU an der Theke ab. Ja, genau, da vorne rechts“. Oder noch besser, wenn man keine Lust hat sich mehrmals auf den Weg zum Tresen zu machen. „Ein Bier und dann nehme ich für später noch die Entschädigung für einen gebrochenen Finger, bitte“.

Die Regierung verlangt von den Wirten, dass sie übermäßigen Alkoholkonsum, die Anzahl der Gäste and die Geschlechter-Unausgewogenheit regulieren. Die haben ja eine Verantwortung. „Wer nichts wird, wird Wirt!“, dass war wohl gestern.

Wenn das Kind schlecht in der Schule ist, sind ja meistens die Lehrer Schuld, die sollen doch dafür sorgen, dass was aus dem Kind wird. Wenn eine Oma auf dem Bürgersteig stürzt, ist das Gemeindeamt Schuld, dass soll doch dafür sorgen, dass der Gehweg ordentlich gesichert ist. Wenn ein Besoffener einen anderen Zusammenschlägt, dann soll der Wirt Frieden schaffen, der ist doch dafür verantwortlich, dass… ja, für was eigentlich?

Was ist eigentlich aus dem Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ geworden? Macht in unserer Zeit keinen Sinn mehr. Es sollte ganz einfach ersetzt werden durch „Schuld sind sowieso immer nur die anderen“. Es wird ja immer gerne nach der Regierung geschrieen. Die Regierung soll das machen und dies verbieten, Verordnungen rausgeben! Alle schlagen sich also weiterhin die Köpfe ein. Irgendwann stellt dann die Regierung vor dem Pub ein Schild auf. „Nach 19.30 Uhr Gesicht aufschlitzen verboten“. Dann wird bestimmt alles besser.

Jeder hat so seine ganz eigene Vorstellung. Energie Drinks sind Schuld an den Gewaltausbrüchen. Ich hab noch nie so viele Energie Drinks getrunken, dass ich den Wunsch hatte, jemanden zu verprügeln. Wenn ich jetzt mal ganz ehrlich bin, habe ich noch nie in meinem Leben einen Energiedrink getrunken, also kann ich da gar nichts zu sagen.

Andere fordern die Altersbegrenzung für Kneipen auf 25 Jahre anzuheben. Dann wartet man also sieben Jahre länger, um in eine Disco zu kommen. Gute Idee? Man muss sich einfach mal vorstellen, was sich dann erstmal für eine Wut in einem angestaut hat, in all den Jahren des Wartens.

Die Betrunkenen wurden jetzt von aufgebrachten Anwohnern gebeten, doch auch bitte an die Paramedics zu denken, bevor sie jemanden so übel zurichten. Die leiden da nämlich ganz schlimm drunter, wenn sie all die demolierten Gestalten verarzten müssen. Paramedics haben auch Gefühle und sollten sofort ihr Gehalt verdoppelt bekommen. Politiker bekommen doch auch so viel und machen gar nichts, hängen nur faul auf dem Sessel rum. Gutes Argument, nicht mehr so gewalttätig zu sein?

Viele sind fest überzeugt, würden Bars früher schließen, gehören Gewaltübergriffe bald der Vergangenheit an. Dann gehen eben alle eher hin, um sich zu betrinken und…

Das ist ja nicht mehr auszuhalten, diese ganze Gewalt. Deshalb wurde jetzt eine Gruppe mit dem Namen „Just Think“ (bevor man trinkt) gegründet. Ich lebe ja jetzt schon etwas länger hier und so ganz spontan habe ich irgendwie das Gefühl, dass das nicht ganz einfach werden wird. Aber vielleicht klappt es ja doch.

Irgendwo müssen doch die hohe Gewaltbereitschaft und diese Wut herkommen. Unsicherheiten zu überspielen, in dem man sich selber als Held darstellt, ist doch eher ein Witz. Den Mangel, mit Konflikten zivilisiert umzugehen, und das Unvermögen sich verbal ausdrücken zu können, mit Gewalt auszugleichen, ist ein noch größerer Witz. Und einen Abend erst als gelungen zu bezeichnen, wenn man betrunken ist und eine Prügelei hatte, dass ist absurd. Das gehört hier in Oz anscheinend für viele dazu.

Vereine gründen, die Regierung einschalten und noch mehr Gesetze und Verordnungen verabschieden. Was auch immer, alles schön und gut. Es fängt aber doch meistens im Kopf an.

Schöne Grüße aus Melbourne!

1 comment:

  1. Australien ist eben ein Land, gegründet sozusagen für, mit und durch Sträflinge. Ein Land, in dem Rum für einige Zeit gültiges Zahlungsmittel war.

    Wie will man bitteschön in einem Land full of bastards erwarten, daß sie sich zivilisiert aufführen? ^^

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