Immigranten sollen sich anpassen. Das zu fordern ist
kinderleicht, es umzusetzen hingegen ist es nicht immer. Manchmal bin ich müde
vom Immigrantendasein und will so sein, wie meine Eltern es mir beigebracht
haben. An manchen Tagen fehlt mir ganz einfach der Wille, mich wie ein Cowgirl
zu benehmen.
Wenn ich in Australien zum Arzt gehe, weiß ich, wie ich
mich zu verhalten habe. Im Wartezimmer wird sich nicht begrüßt. Guten Morgen.
Mit diesem einfachen Gruß konnte ich in den letzten sechs Jahren vielen
Australiern einen ganz schönen Schrecken einjagen. AustralierInnen reagieren
auf meine kleine Aufmerksamkeit so, wie Deutsche, wenn ich ihnen ein Bild einer
Riesenspinne präsentiere. Betrete ich in Deutschland ein Wartezimmer, ohne
einen Gruß ... nicht auszudenken.
Voll daneben
Heute habe ich ausnahmsweise keine Lust auf Anpassung und
ich benehme mich daneben. Mutig wie eine Löwin betrete ich das Wartezimmer und
wünsche den Wartenden einen guten Morgen. Nichts. Keine Reaktion. Normales
Programm. Und doch, schon am frühen Morgen einen eiskalten Eimer Wasser über
den Kopf gegossen zu bekommen macht einfach keinen Spaß.
Blickkontakt
Gefühlt triefnass und von einer inneren Kälte erfüllt
setze ich mich in den Warteraum. Ich sinniere vor mich hin. Wäre es nicht nett
sich beim Arzt zu grüßen? Freundliches Miteinander? Nett sein, einfach Mal so
ganz ohne gegrilltes Steak und Bierkanne in der Hand? Klappt hier nicht. Sicher
ist es kein böser Wille der Australier, die machen das nun einmal anders. Im
Wartezimmer des Arztes kriegen die Oztralier den Mund nicht auf, wenn ich
hilflos in der Straßenbahn sitze texten sie mich liebend gerne zu. Jeder
halbwegs gescheite Europäer weiß, dass man besser fährt, wenn man dort keinen
Blickkontakt aufnimmt. Andere Länder andere Sitten.
Noch mal gut gegangen
Ich stehe kurz davor mich einsam zu fühlen, doch da
erscheint der Arzt in der Tür des Wartezimmers und verwickelt mich in seine
Begrüßungszeremonie. „Dorothée bitte, wie geht es heute?“ Ich lasse ihn wissen,
wie super es mir geht, und erkundige mich im Gegenzug nach seinem Befinden. Er
verrät mir, dass auch er sich heute unheimlich genial fühlt. Wir lächeln uns
ganz ausgiebig an. Mir wird wohlig warm ums Herz. Einfach schön. Noch mal gut
gegangen, im allerletzten Moment springe ich dem Heimweh von der Schüppe und
dem Arzt direkt ins Behandlungszimmer.
Schöne Grüße aus Melbourne!
:-))
ReplyDeletehast mir wieder einmal ein Lächeln entlockt :-))
Hi Thomas, freut mich ...
ReplyDeleteSchöne Grüße aus Melbourne!