Gebräunt, faltig und zufrieden grinsend sitzt der Pilot mit einer Dose Bier im Stubbyholder an der Theke. „Ich habe mal eineinhalb Jahre in Deutschland gelebt, kann mich aber an den Namen des Ortes nicht erinnern“. …es gibt doch so viele Orte in Deutschland. „Es war schön da, aber in Australien bin ich lieber. Ich war 15 Jahre mit einer Deutschen verheiratet. Vier Monate im Jahr lebe ich in William Creek, die restlichen Monate verbringe ich in Sydney“. Seine Zeit füllt er aus mit Rundflügen für Touristen über Lake Eyre und das Outback in Südaustralien. Das Flugzeug kann er nach Feierabend quasi fast vorm Pub parken. Na ja, nicht ganz, ein paar hundert Meter sind es doch bis zum kleinen Flughafen des Ortes.
Australien und das Outback . Immer wieder witzig, wenn Leute fragten, warum möchtest du soweit fahren, da ist doch nichts, was willst du da? Es gibt so viel zu sehen und zu erleben, man muss nur hinsehen. Für manch einen mögen die Landschaft und die Orte im Outback trostlos sein. Doch es gibt unzählige Blumenarten, unterschiedliche Steine, Sandarten und Vögel und verwunschen verwachsene Bäume und dann sind da noch all die Menschen, mit denen man sich unterhalten kann. Was machen die da alle in dieser ‚Leere’? Meine Neugierde ist ungebrochen. Ich möchte einen vernünftigen Grund hören, da nicht hinfahren zu wollen. Aber das mit der Vernunft, dass ist ja auch immer Ansichtssache.
Die Kellnerin im Pub ist für ein Jahr in William Creek. Schluck. Ein ganzes Jahr im Nirgendwo. Nicht ganz sicher bin ich, aber es gibt dort nur drei Einwohner (die Kellnerin zählt bereits zu den dreien) und ein paar Piloten, die Saisonarbeiter.
Sie hat einen ganz genialen Grund, warum sie sich dazu entschlossen hat, sich im Nirgendwo, 210 km nördlich von Maree und 166 km östlich von Coober Pedy, zu erreichen über eine unbefestigte Piste, in Südaustralien, um eine Anstellung beworben zu haben. Ich bin mehr als fasziniert. Sie braucht Geld und davon ganz viel, für eine geplante große Europa Reise. In William Creek gibt es keine Verführungen. Es gibt keine Restaurants, Schuhgeschäfte, Boutiquen, Buch- und/oder Plattenläden, Kinos. Die Miete ist verschwindend gering. Eigentlich alles was sie verdient, kann sie für ihren Traum zurücklegen. Besser geht es doch gar nicht. Sie erzählte sie hat so viel Spaß, ihre Tage vergehen wie im Fluge, es kommen so viele Leute im Pub vorbei, dass es gar nicht langweilig werden kann. Kann ich sogar nachvollziehen, als ich sie dabei beobachte, wie sie den an der Theke sitzenden Gästen lautstark deren Horoskop aus der zwei Tage alten Tageszeitung vorliest.
Das Gericht, das ich bei ihr bestelle, ist ausgegangen. Quer ruft sie durch den Gastraum und über die Köpfe der am Tresen sitzenden ‚Cowboys’, ob es auch was anderes sein darf. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Mein Gesicht fühlt sich so rot an, wie der draußen tobende Sonnenuntergang, als ich zurückrufe, dass ich Vegetarierin bin. Ein in Jeans und roten und braunen Staub gekleideter Typ, gibt daraufhin einen grunzenden, ungläubigen aber freundlichen Schnauflaut von sich „Hey, du bist hier im Vieh-Land.“
Ich verstehe nicht, wie es alle in dem Ort hinkriegen, dass man sich nach einigen Minuten so zugehörig fühlt. Der Pilot und ich sind uns einig, William Creek hat einen echt guten „Vibe“. Der Kaffee dort ist auch ein echter ‚killer’! Nun sitze ich hier in Melbourne im Regen und ertappe mich dabei, dass ich ein ganz klein wenig Heimweh nach William Creek habe.
Schöne Grüße aus Melbourne!
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