Monday 16 May 2011

Wie du mir nicht, so ich dir erst Recht nicht!

Den meisten Leuten die eine Aufenthaltsgenehmigung für Australien haben, geht, gelinde gesagt, ja voll einer ab. Ist ja auch irgendwie verständlich. Man muss viel über sich ergehen lassen, um hier reinzukommen. Nichts Schreckliches, doch macht man sich zum Affen. Die ganze Prozedur könnte man sich ja sparen, indem man lieb und brav zu Hause in seiner Heimat auf dem Sofa sitzen bleiben würde.

Mehr als fünf sehr lange Jahre ist es her, dass ich bei der Tortur mitmachen durfte. Ich erinnere mich, es war nervig und völlig unkoordiniert lief auch alles ab. Nein, ich sitze gerade nicht strickend im Schaukelstuhl! Warum muss die australische Einwanderungsbehörde beispielsweise wissen, ob ich Geschwister habe und wenn ja wie diese heißen und ob sie verheiratet sind? Oder was geht es die an, wo ich in den letzten zehn Jahren im Urlaub war? Wenn man mal nachfragt, sind die gleich ungehalten. Ein erster Vorgeschmack auf „if you don’t love it leave“. 

Einen Sprachtest muss ich ja auch noch machen. Mit Hunderten zusammengepfercht finde ich mich in einer Turnhalle wieder, in der ich mir wie ein Verbrecher vorkomme. Man kann auch ein paar Tausend AUD hinblättern und sich sein Englisch erkaufen. Sobald man die Summe hingeblättert hat, kann man auch Englisch. Das ist australische Magie. Es geht also gar nicht so ganz darum, die vorhandenen Sprachkenntnisse festzustellen. Aber um was denn dann? Geld? Erniedrigung? Macht?

Ohne Erfolg habe ich mich mal erkundigt, wie viele Antragsteller sich für den Kauf der englischen Sprache entscheiden. Wo kämen wir auch hin, wenn jeder alles wissen dürfte. Australien ist nicht gerade das optimale Land für Fragensteller.

Immigranten haben an irgendeinem Punkt in dem Einwanderungsprozedere wohl irgendwas zu machen, bei dem sie sich erniedrigt fühlen oder von dem sie denken, was soll das denn nun? Da staut sich ja im Laufe des Verfahrens ein gewisser Unmut und bei manchen vielleicht sogar auch ein wenig Wut an.

Ist das der Grund für eine nicht einzuordnende Stimmung der Mitbürger? Viele Menschen hier sind so unglaublich scheinheilig. Was ist da wohl hinter der Fassade los? 

„Jeder hatte es so schwer hier einzureisen, warum soll es denn jetzt jemand anderes besser haben? Ich will das alle anderen sich genau so sehr anstrengen müssen, wie ich es musste. Im Sinne von ausgleichender Gerechtigkeit wäre es sogar angebracht, wenn andere sich noch ein wenig mehr als ich ins Zeug legen müssen“. 

Kommt jemand neu hier auf der Insel an, lässt man die superschlaue alte Häsin oder den pfiffigen Hasen raushängen und gönnt dem nächsten nicht das Schwarze unter den Nägeln. Nicht gut, da verkrampft. Ist das wohl ein Problem, das alle Immigranten haben? Warum ist das wohl so? Neid, Missgunst? Angst vor Benachteiligung?

Der imposanteste Fall, von dem ich vorgestern noch gehört habe, war ein 23-Jähriger, der für seine australische Aufenthaltsgenehmigung nun zu einem anderen Glauben wechselt. Die Eltern seiner Freundin tolerieren nur einen Partner, der ebenfalls ihrem Glauben anhängt. Jetzt sind sie verlobt und er studiert wie ein wilder die Bibel. Bald werden sie heiraten. Er findet sie echt „nett“, doch unter normalen Umständen würde er sie jetzt noch nicht heiraten. Der arme Kerl, warum genießt er nicht lieber sein Leben? Eine verlorene Seele?! Wie genervt wird der sein, wenn er erst mal anfängt, zu realisieren, was er da alles auf sich genommen hat, um permanenter Inselaffe zu werden?

Die Gerechtigkeit, das Lügen und die Aufrichtigkeit, ich habe hier andauernd was zum Nachdenken. Naiv, gerade in Zeiten, in denen vermeintliche Verbrecher unter dem Jubel weiter Teile der Weltbevölkerung ermordet werden dürfen. Ich glaube gerne weiter fest an den Weltfrieden ...

Von diesen Überlegungen mal abgesehen, unbestreitbar schön ist die Natur hier in Australien.

Best place in the world

Schöne Grüße aus Melbourne!

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