Friday 17 June 2011

Australien! In der Schwarzwalklinik?

Krank sein ist nie schön, die Aussage kann ich noch toppen, es ist erst recht nicht schön, wenn man in Australien lebt. Wie es der Zufall will, musste ich in den letzten Jahren öfter mal zum Arzt. Das Leben ist nun einmal kein Ponyhof.

Als Patientin fühlte ich mich hier noch nie ausreichend betreut. Das Pflegepersonal ist immer freundlich, da kann ich nichts anderes behaupten und das australische Gesundheitssystem hat man eigentlich auch relativ schnell verstanden. Es bietet bis jedoch auf den einen riesigen Vorteil, der spottbilligen Krankenversicherung, nicht viel. So billig, wie die Versorgung ist, fällt sie auch aus. 

Die bürokratischen Hürden die ich hier als Patientin zu nehmen habe sind „hoch“ und scheinen oftmals unüberwindbar. Nicht ungewöhnlich das man als Patient auf eine nötige Untersuchung schon mal einige Wochen zu warten und dann auch noch vier verschiedene Ärzte zu besuchen hat, die nicht ausreichend miteinander kommunizieren und dementsprechend unschlüssig handeln. Unkoordiniert ist da noch milde ausgedrückt. Die sind relaxt in diesem Land, auch die Ärzte. Ab und an fiel mir nur ein Wort ein, beim betreten eines Untersuchungsraums in verschiedenen Krankenhäusern, „Schlampenstube“.

Extremer Unterhaltungswert. Das Gute ist, man wird immer ausgesprochen abwechslungsreich unterhalten, beim Arztbesuch in Australien. Ich habe bei Ärzten Auftritte erlebt ... da verlangen andere Künstler Geld für eine Eintrittskarte!

So wie einmal bei einer Hausärztin, ich hatte mich unter einer dicken Decke zu verstecken nur, damit sie mir ihre Schreibtischlampe unter eben dieselbe stellte, um mich untersuchen zu können. Sie hat mir auch von ihren deutschen Ahnen erzählt und dass sie der Meinung ist, dass alle deutschen Hypochonder sind.

Geht auch sonst vieles drunter und drüber beim Arzt, beim Thema Hinweis-Schild, lassen sie sich nicht lumpen. Denn beim Arzt da sollte ja schon alles seine Ordnung haben! Oder nicht? In Australien wird man nicht alleine gelassen. Köstlich! Würden sie diese Energie bloß in die Beratung ihrer Patienten stecken!

Warnschilderwald in Arztpraxis
Oder ein anderer. „Keine Sorge, mit der Kondition können sie locker noch zehn Jahre ohne Probleme leben, die Ärzte in Deutschland sind da doch gar nicht mehr auf dem neusten Stand“. In einem so jungen Land sind zehn Jahre natürlich eine Ewigkeit.

Präventivmedizin scheint ein auch eher unbekanntes Konzept zu sein und meine Hausärztin reagiert jedes Mal mit Unverständnis, wenn sie mal meinen Blutdruck messen soll. Sie versteht das nicht, denn ich hatte doch noch gar keinen Schlaganfall. Gesundheits-Check-ups? Was ist das denn? Bevor sie mal ein Blutbild anlegt, müssen wir fast einen Ringkampf ausfechten.

Man munkelt, dass es auch besser ist, wenn man nicht auf Notfallhilfe angewiesen ist. In den letzten sechs Monaten des Jahres 2010 warteten 958 Menschen mehr als einen Tag auf eine Notfallbehandlung.

Beim Arztbesuch sollte man immer schön aufpassen und nur gut informiert einen Arzt aufsuchen!

Melbourne. Patientin geht zum Arzt, Heuschnupfen geplagt. Der nette Herr verschreibt ihr gleich auch ein paar Injektionen gegen ihr Leiden. Sie geht zur Apotheke, um sich dort das verschriebene Medikament zu besorgen, nimmt das Medikament entgegen und sucht wieder ihren Arzt auf. Der zeigte sich zunächst ganz klein wenig verwundert über das Aussehen des Produktes, um sicherzugehen, fragt er noch mal bei dem Apotheker nach. Der bestätigt ihm, der Patientin das richtige Produkt mit auf den Weg gegeben zu haben. Er zögert nicht mehr und injiziert der Patientin das Medikament.

Die Patientin klagt gegenüber dem Arzt in der nächsten Zeit über Verwirrtheit, Atembeschwerden und Krämpfe in ihren Beinen. Der Arzt beruhigt seine Patientin, die Beschwerden seien lediglich eine milde Reaktion auf die Injektion. Dumm gelaufen. Das war leider nicht das Medikament, das er der Patientin verschrieben hatte. Der Patientin hatte er nun ein Medikament gegen Schizophrenie verabreicht, um sie von ihrem Heuschnupfen zu befreien. Der Hausarzt hatte der Patientin Kenacort für ihren Heuschnupfen verschrieben. Diese bekam in der Apotheke Modecate ausgehändigt. Kenacort ist ein synthetisches Kortikosteroid und wird hier gegen Allergien angewandt. Modecate, Wirkstoff Fluphenazin wird bei Schizophrenie angewandt. Der Fehler wurde eine Woche später, als die Patientin in der gleichen Klinik von einem anderen Arzt behandelt wurde, entdeckt.

Das erinnerte mich an die Situation, als mir meine Hausärztin ein Medikament verschrieben hat, welches in dieser Form in Europa und England für diese besagte Erkrankung nicht mehr genutzt wird. "Studien haben ergeben, bla bla bla ...". Sie war mehr als wütend, als ich mit der Info wieder in der Praxis auftauchte. Nach einem weiteren Ringkampf hat sie mir was anderes verschrieben. In all den Jahren habe ich hier noch nicht einen Arzt gesprochen, der es mochte, wenn man als Patient nachfragt oder etwas genauer wissen möchte.

Denke ich an Deutschland zurück, fällt mir spontan nur ein Arzt ein, der mir mal  totalen Unsinn mit auf den Weg gegeben hat. Beim letzten Besuch, vor meiner Abreise nach Oz, erzählte ich ihm, dass ich die eine oder andere Sorge hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung in Australien hege. „Da können sie ganz beruhigt sein, die jeweiligen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch dort bekannt“.

Ich traue hier niemanden und google alles, bevor ich zum Arzt gehe. Ist alles andere als angenehm, man möchte sich ja eigentlich auf den Arzt verlassen können. In der Schwarzwalklinik würde es so was nicht geben. Der Dr. Brinkmann sollte hier mal dem einen oder anderen auf den Zahn fühlen.

Dr. Brinkman über medizinische Fähigkeiten!

Schöne Grüße aus Melbourne!


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