Wednesday 3 August 2011

Australien. Notebooks. YouTube. Abschreckung!

Ich habe irgendwie alles verloren in den letzten Wochen und habe eine lange Reise hinter mir. Ich vermisse meine Heimat, meine Freunde, meine Eltern, meine Kinder, ich bin voller Sorge um ihr Wohlergehen, ich habe absolut keine Ahnung, wie es weitergehen soll, irgendwie bin ich nichts mehr Wert. Meine Zukunft ist mehr als ungewiss, habe ich überhaupt noch eine? Ich bin ein sehr hilfloser und trauriger Mensch ... warum filmen die mich denn jetzt?

So oder ähnlich wird es wohl im Kopf eines Flüchtlings, der hier in Australien ankommt, aussehen.

Die größte Sorge der AustralierInnen ist die, von Ausländern überrannt zu werden. Australien nimmt gerade mal 0,5 Prozent der weltweiten Flüchtlinge auf. Ein Großteil der AustralierInnen lebt in ständiger Angst davor, dass ihnen jemand etwas wegnehmen möchte. Ihr Land? Sie möchten nicht teilen und schon gar nicht möchten sie etwas geben, ohne Gegenleistung.

Es muss durchgegriffen, die Grenzen Australiens müssen besser bewacht und beschützt werden. Was, wenn jetzt jeder hier rein darf? Angst schüren und Hilfe anbieten, das ist immer gut und in Australien ein Garant für viele Wählerstimmen. Jetzt gibt es diese neue Kampagne der australischen Einwanderungsbehörde, bei der zur Abschreckung Flüchtlinge gefilmt werden.

In der letzten Woche sind 50 Flüchtlinge mit einem Boot hier angekommen und abgefangen worden. Diese werden jetzt umgehend nach Malaysia geschickt. Sie werden gefilmt, wenn sie auf der Weihnachtsinsel in dem Lager eintreffen, ihre Asylanträge werden erst gar nicht bearbeitet. Später wird man sehen wie sie an Bord eines Flugzeugs nach Malaysia steigen und in den Lagern in Malaysia eintreffen. Bevor der Film auf YouTube gestellt wird, werden die Gesichter weggepixelt.

Warum ist es eigentlich salonfähig, Menschen, die auf den ersten Blick nichts zu bieten haben, herumzustoßen? In diesem Land wird so viel geredet von Freundlichkeit, Verständnis, Friede, Freude und Eierkuchen ... Worte kosten ja auch nichts.

Die Regierung möchte, dass andere von dem Spot abgeschreckt werden und davon absehen nach Australien zu kommen. Nicht genug, dass Australien Flüchtlingen Hilfe verweigert und sie in ein anderes Land abschiebt, nein, jetzt werden diese auch noch bloß gestellt. Perverser geht es wohl kaum. Die Premierministerin ließ verlauten, wenn Flüchtlinge sich weigern ins Flugzeug nach Malaysia einzusteigen, werden diese mit Gewalt in die Maschine gesetzt. Man könnte annehmen ich wohne hier im Wilden Westen, doch sie sagt es einfach so, wie es ist. Frei von der Leber weg, sie braucht sich nicht zu verstecken. Und die Bevölkerung hört es gerne, viele finden sogar sie sollte härter vorgehen und das Land vor diesen Verbrechern schützen. Dass es hierbei um Menschen geht, interessiert kaum jemanden.

Hier ein Kommentar von einer wohl völlig fassungslosen Seele, die fürchtet der Werbefilm könne die Zielgruppe womöglich gar nicht erreichen. „Tolle Idee, als ob Flüchtlinge immer ein Notebook mit sich herumtragen würden“ ... Sprachlos!

Die Regierung warnt vor den Gefahren einer illegalen Bootsreise nach Australien. 
Schon klar, auf der anderen Seite senden sie Flüchtlinge nach Malaysia, ohne zu wissen, wie es ihnen dort ergehen wird.

Schöne Grüße aus Melbourne!


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