Soll ich nach Australien auswandern?

Leben im Paradies - Quarg?

Immer und immer wieder begegne ich Deutschen, die behaupten, dass in Deutschland nicht eine einzige Seele Humor hat, sondern dass alle nur meckern und viel zu spießig sind. Und das die Bürokratie in Deutschland jegliche Kreativität und Freude am Leben zerstört. Deshalb möchten sie am liebsten auswandern. Da ich seit einigen Jahren im Ausland lebe, habe ich mir einen Wissensvorsprung erarbeitet, über den diese Menschen nicht verfügen. Gucken wir doch mal, wie das Leben in Australien aussieht. Sind hier echt alle entspannt, gerecht und gut gelaunt?

Bürokratie. Gesetzestreue in Australien

Hier gibt es sehr viele Regeln und der Bürokratismus ist entsprechend erdrückend. Diesen einen Satz höre ich ständig „da kann ich leider nichts machen, das ist gesetzlich so festgelegt.“ Hier hinterfragt keiner, alle folgen den Regeln brav wie Lemminge. Sie empfinden die ihnen auferlegten Maßnahmen gar nicht als störend, eher als unterstützend und freuen sich über die Hilfe vom Staat. Die Bürger vertrauen darauf, dass der Staat sie vor dummen Verhaltensweisen beschützen wird. Es wird empfohlen, Glühbirnen von einem Elektriker wechseln zu lassen.

Gute Laune und Humor in Australien

Niemand springt den ganzen Tag vor Freude durch die Gegend. Wenn ich in der Straßenbahn sitze, hängen die anderen Passagiere nicht laut juchzend an den Haltegriffen, weil sie so höllisch gut drauf sind. Hier gibt es noch nicht einmal Karneval und das ist doch schon suspekt. Am letzten Wochenende im Schuhladen, die Verkäuferin fragt aufmerksam in die Runde „braucht jemand ein Paar Schuhe?“ Gedankenverloren und spontan rufe ich laut zurück, dass uns genau dieser Wunsch in den Laden geführt hat. Die zwei anderen Schuhkäuferinnen kichern. Die Verkäuferin findet das überhaupt nicht lustig, und als ich mich dann noch für meinen deutschen Humor entschuldige, rauscht sie sofort ab, in ihr Hinterzimmer. Die anderen Schuhkäuferinnen kichern verschwörerisch. Auch hier gibt es viele Menschen, die zum Lachen in den Keller gehen.

Kleinbürgertum und Spießigkeit in Australien

Mein Nachbar mäht jeden Tag, jeden Tag, jeden Tag, wirklich jeden Tag um 18.15 Uhr seinen Rasen. Jeden Tag. Gestern kam er aus einem zweiwöchigen Urlaub zurück. Und was macht er als Erstes? Mäht seinen Rasen. Genau um 18.15 Uhr. Hat er im Urlaub in Malaysia auch von seinem Rasen geträumt? Ein anderer Nachbar schwärzt jeden Samstagvormittag mit einem Schaum die Seiten seiner Autoreifen. Die glänzen immer.

Oztralien und das Dorian-Gray-Syndrom

Die AustralierInnen beschäftigen sich ständig damit, wie sie in der Welt dastehen und was der Rest der Welt von ihnen und ihrer Insel denkt. Sie wissen nicht, dass sie keine Rolle auf dem Weltparkett einnehmen, und dass man außerhalb von Australien nur über sie berichtet, wenn jemand vom Hai gefressen oder das Land in Wassermassen ertrinkt. So wie Dorian Gray möchten sie immer makellos bleiben. Es soll niemand erfahren, wie sie die Ureinwohner behandeln, sie setzen sich nicht mit ihrer Vergangenheit auseinander. Sie mögen es gar nicht, wenn jemand Kritik an ihrem Land übt und von ihrer insgesamt eher rassistischen Einstellung und ihren Umweltsünden spricht man besser auch nicht.

Australier und ihre Hobbies

AustralierInnen gucken gerne Trash TV, rennen ins Footy Stadion und die Damen tragen sehr gerne kurze Polyester Kleider, zudem hegen sie eine Leidenschaft für Pokermaschinen und Wetten.

Fazit. Alles „Quarg“

Es gibt in jedem Land der Welt Gesetze, Vorschriften, Rassisten und dumme Menschen, so wie es auch in jedem Land der Welt lustige, freundliche, warmherzige, offene und intelligente Menschen gibt. Auszuwandern, in der Hoffnung, dass in Australien alles besser ist, ist keine gute Idee, man nimmt sich ja selber dorthin mit. Es gibt etwas, dass besser ist in Australien und das ist das Wetter. Das Einzige was ich mit Bestimmtheit über das Leben in Australien sagen kann ist, dass die Sonne immer scheint, wenn es nicht gerade regnet.

Schöne Grüße aus Melbourne!