Monday, 11 April 2011

Muttermilch!

Aus meiner Haut raus kann ich wohl nicht mehr. Der Gedanke des Umweltschutzes wurde mir nun einmal mit der Muttermilch eingetrichtert. Ich mache das automatisch, ohne viel nachzudenken. Und natürlich erwarte ich das Gleiche Verhalten dann auch von denen um mich herum. Nicht gut so hohe Erwartungen zu haben. 

Kulturschock Umweltschutz! 

Davon hat ja mittlerweile jeder schon gehört, dass das hier in Australien noch alles nicht so im großen Stil abläuft. Fenster sind nicht isoliert. Häuser mit Einfachglas ausgestattet. Sie werden schnell zusammengeschustert und Wärmedämmung ist doch irgendwas Komisches was die in der alten Welt in Nord-Europa machen müssen, um nicht zu erfrieren. 

Obwohl es für Wiederverwertung doch dieses herrliche englische Wort Recycling gibt, wollen trotzdem viele hier gar nicht so genau wissen, was das ist.

Die Freiheit auf vier Rädern bedeutet den Leuten hier viel. Und trotzdem können sie nicht fahren (huch ganz anderes Thema). Erst vor einigen Tagen sagte ein Australier zu mir, „wir alle kaufen uns einen Wagen und den benutzen wir dann auch, ist doch ganz klar, warum sollten wir laufen?“

Interessanter Blickwinkel, denn ich absolut nachvollziehen kann, wenn deine Eltern und alle anderen um dich herum es dir so vorgelebt haben. Und er ist mit seiner Einstellung ganz und gar nicht alleine, hier in Australien versteht sich.

Am letzten Samstag war ich am Strand. Ich habe Wellen, Segelboote, die sich im Nachmittagslicht ständig wechselnde Farbe des Himmels und seine Wolkenformationen bestaunt und fotografiert. Während ich mich voller Inbrunst hingebe, beschäftigen mich die ganze Zeit zwei Fragen. Warum sitzen eigentlich viele Australier gerne in ihrem Auto auf dem Parkplatz und starren auf das Meer? Warum lassen sie dabei ihren Wagen laufen?


Frage eins kann ich mir ja noch relativ plausibel beantworten, sie wollen gucken, sind aber zu bequem auszusteigen und herumzulaufen. Frage zwei kann ich mir beim besten Willen nicht selber beantworten.


Das unnötige Laufenlassen eines Motors im Leerlauf belastet die Umwelt und schadet der Gesundheit. Die Schadstoffe bleiben in Bodennähe und belasten die Personen, die sich am Auto aufhalten. Getreu dem Motto wer nicht fragt bleibt dumm, frage ich alle. Alle, die ihren Wagen schon fünfzehn Minuten haben laufen lassen. In einer Stunde habe ich mit vier Leuten gesprochen.

Zuerst spreche ich mit einem so um die 35 Jahre alten Surfer in einem klapprigen Wagen. Macht einen auf supercoolen Naturliebhaber, lässt aber länger als eine Viertelstunde seinen Wagen laufen, versteh ich nicht. Ich frage ihn nach dem warum. Er wiederum versteht nicht warum ich das frage „Was ist daran falsch?“ Ich bin so lieb, ihm zu verraten, dass ich nicht hier am Strand bin, um seine Abgase einzuatmen und das es auch nicht so gut für unsere Umwelt ist. Die Verwirrung ist ihm anzusehen. Er bedankt sich und stellt den Motor sofort ab.

Als Zweites spreche ich mit einem um die 65 Jahre alten Rentner, der mit einem riesigen Fernglas die Segelboote am Horizont beobachtet. Er sitzt in einem goldfarbenen langweiligen Mittelklassewagen mit Kofferraum. Der Motor läuft schon seit länger als 15 Minuten. Ich frage ihn, warum er den Motor jetzt schon so lange im Stand laufen hat. „Ach ja, das ist ja nicht so gut, da haben sie recht, wissen sie, ich war wohl einfach zu faul ihn abzustellen“. Er entschuldigt sich und stellt den Motor ab.


Mit Nummer drei spreche ich nicht. Ich mache mich auf den Weg zu einem UTE Fahrer, der nun schon seit 15 Minuten seinen Wagen hat laufen lassen. Bevor ich ihn erreiche, pustet dieser den letzten Qualm seiner Zigarette aus dem Fenster, schnippt seine Kippe aus dem ebenselben, legt den Rückwärtsgang ein und fährt davon.


Nummer vier ist ein braun gebrannter Surfer, der in einem schicken Neuwagen sitzt und aus einer Thunfischdose löffelt. Seit über 15 Minuten läuft sein Motor. Ich klopfe an seine Scheibe, er öffnet diese und ich frage ihn, warum er den Wagen laufen lässt. Er grinst mich breit und freundlich an. Einer dieser typisch netten und aufgeschlossenen Australier. Er sagt (schöner Kopf, nicht viel drin): „Wegen der Klimaanlage!“

Was habe ich da jetzt heute gelernt an diesem Nachmittag am Strand? Der Gedanke des Umweltschutzes wurde nicht jedem mit der Muttermilch eingetrichtert. Andere Länder andere Sitten.

Schöne Grüße aus Melbourne!

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