Monday 4 July 2011

Australien. „Stachelbeeren, doch leckerer als Erdbeeren?“

Am Freitag bin ich über einen Artikel über Australien gestolpert. Es dürfte allgemein bekannt sein, das Thema Australien interessiert mich brennend. Danke an den Verfasser des Artikels, was für eine großartige Quelle der Inspiration. Dank ihm kann ich heute einen neuen Blog Post schreiben. Denn ich stimme mit so ziemlich wirklich nichts überein, was er schreibt. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten der Artikel ist total misslungen. Alleine die Überschrift „Australien – ein besseres Europa?“ könnte ganz einfach durch „Stachelbeeren - doch leckerer als Erdbeeren?“ ersetzt werden.


Das ist verwirrend. Warum ist es eigentlich so grauenhaft, wenn man sich für viele Themen interessiert und versucht die Dinge zu verstehen, bevor man sie macht. Seit wann ist Wissen so uncool geworden, eine Schande? Hab ich da was verpasst, muss passiert sein, während ich mich hier in Australien befand. Ich nehme stark an, dass der Verfasser nicht dumm ist, denn er schreibt in dem Stil einer Person, die die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Bildung scheint auch ihm sehr wichtig, das lässt er indirekt raushängen, doch gleichzeitig schleimt er so, dass ich fast einen Eimer unter meinen Bildschirm stellen muss. Nicht schlüssig!


Und dann ist da diese besonders witzige Stelle in dem Artikel. Natürlich muss in einem Artikel über Australien zumindest einmal die Sicherheit der Grenzen angesprochen werden. Einfach amüsant, wie die absolut überzogene Behandlung bei der Einreise verniedlicht wird. Grenzkontrolle!


Australien ist europäischer als Europa, amerikanischer als Amiland und hat doch auch noch eine tolle Tierwelt. Doch, weder in Sydney noch in einer anderen Stadt Australiens geht es europäisch zu. Gut, man kann italienisch essen gehen und französischen Wein trinken, stimmt. Noch nicht einmal fühlte ich mich an einen Londoner Vorort erinnert, wenn ich in Sydney im Taxi vom Flughafen in die Innenstadt gefahren bin. Und, nichts gegen die abgelebten Stadtteile in Flughafennähe, doch Palmen stehen da wohl eher auch nicht, alles stark romantisiert. Dann noch von steilen Stahl- und Glasfassaden zu sprechen! Ach komm, ich weiß nicht. Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Doch wir Immigranten machen das oft, man will es sich ja besonders schön reden. Ist ja einerseits tröstlich und andererseits erteilen die Australier dafür gute Noten.


Australien ist modern, offen und multikulturell? Vielleicht wohne ich ja in einem ganz anderen Land?  Wer möchte wissen, ob Australien das bessere Europa ist. Und wofür ist das relevant? Wenn diese unnötige Frage mit Ja beantwortet werden könnte, wird Europa dann abgeschafft? Liebes Europa, tut uns leid, doch Australien ist einfach besser im Europasein?


Egalitarismus. Das wird ja gerne über Australien verbreitet, das die Gleichheit auf allen Ebenen hier so ausgeprägt ist, wie nirgends sonst auf der Welt. Und? Thema Menschenrechte, die weißen Australier sind doch immer so einen kleinen Tick besser, als der „Rest“. Thema Bildung, nur wer sein Kind an einer Privatschule anmeldet, hat es wirklich lieb. Menschen, die in einem „teuren“ Stadtteil wohnen, lassen das diejenigen die in einem „billigen“ wohnen ganz klar spüren. „Ja, aber das ist doch klar, das die Bahnverbindung schlecht ist, im Westen wird sich immer zuletzt drum gekümmert“.

In fast allen Situationen, in denen man sich in Australien wiederfindet, ist es so, dass Gegenüber immer erwartet, dass man ausdrücklich sagt, was man erwartet und was man zu tun verlangt. Entscheidungen werden von der Situation ausgehend getroffen, auf eine klare Ansage, folgt eine Tat. Klappt was nicht, ist der „Sender“ schuld. Keiner übernimmt gerne Verantwortung, ein „dafür bin ich nicht zuständig“ oder ein „das ist richtig, das machen wir immer so“, gehört zum Standard Antworten Katalog der Pragmatiker. Wie kann der Verfasser allen Ernstes behaupten, dass dieser Pragmatismus Australien zur Modellwerkstatt einer besseren Welt gemacht hat.


Die Queen ist Staatsoberhaupt. Klischeehafter kann man diese Tatsache schon gar nicht mehr verkaufen. Hallo? Bislang habe ich nicht einen Ozi getroffen, der sich hinsetzt und am Geburtstag der Queen ihr zu Ehren grillt oder gar Scones mit Erdbeermarmelade und Sahnecreme isst.


Dass Kevin Rudd von der Labor Partei, der heutige Außenminister Australiens und der Premierminister der von der derzeitigen Premierministerin Julia Gillard im Putsch gestürzt wurde, sich während seiner Amtszeit offiziell bei den Ureinwohnern Australiens entschuldigt hat, das war ein wichtiges Signal und zudem ein sehr bewegender Moment. Das sollte Australien ihm hoch anrechnen. Er hat sich eigentlich nicht für das den Ureinwohnern allgemein zugefügte Unrecht entschuldigt, sondern hauptsächlich dafür, dass den Ureinwohnern ihre Kinder weggenommen wurden. Gemacht hat er das im Februar 2008.


Australien nimmt nur Menschen auf, von denen sie denken, dass diese beispielsweise eine passende Ausbildung und genug Geld haben. Das Pragmatische daran ist, das war schon immer (lange) so. Das Egalitäre vermisse ich bei dem Ansatz vollkommen. Oder hat er sich da mit den Begriffen vertan? Wenn dem so ist, und er von Elitarismus spricht, stimme ich ihm natürlich zu. Die Regierung und Einwanderungsbehörde ist sehr strikt in der Auswahl ihrer Einwanderer und die Australier erscheinen mir oft so, als fühlen sie sich auserwählt in „Lucky Country“ zu leben. Das ist Egalität für Menschen, die kein Gespür mehr für Soziales haben.

Fazit. Danke, war toll so was mal zu lesen! Als hätte der Verfasser den Beitrag geschrieben, um, koste es, was es wolle, hier in Australien zu gefallen. Aber, ob Stachelbeeren nun leckerer als Erdbeeren sind, bleibt nach wie vor Geschmacksache.

Zum Artikel Australien – ein besseres Europa?

Schöne Grüße aus Melbourne!


 

No comments:

Post a Comment

Täglich kommen 400 Leser auf diese Seite. Ich freue mich über jeden Kommentar. Falls Ihr Angst habt, dass irgendwer Eure Meinung erfährt, dann kommentiert bitte ganz einfach anonym. Es gibt keinen Grund schüchtern zu sein. Ich bedanke mich im Voraus. Bis dahin.