Friday 27 May 2011

Ich bin eine Immigranten-Papageiendame!

Tja, bin ja jetzt seit über fünf Jahren hier, davor war ich ein Jahr in London. Lebe also seit langer Zeit in einem englischsprachigen Land. Oder, um genauer zu sein. Ich lebte ein Jahr in einem englischsprachigen Land und nun in einem Land, in dem man vorgibt, Englisch zu sprechen. Ich darf so was ja sagen, als Immigrantin. Aber, man gewöhnt sich an alles. Auch wenn es sich für meine Ohren in den meisten Fällen so anhört, als würde ich mit Hooligans sprechen. Das kann sich ja keiner aussuchen, wo er aufwächst.

Alle regen sich ja immer voll auf, dass ich den Akzent der hier in Melbourne gesprochen wird, ganz besonders „nicht lieb“ hab. Die Melburnians haben mir schon oft verraten, dass sie von sich glauben ein besseres Englisch zu sprechen, als die Leute in Queensland. Leute aus Queensland und Westaustralien sprechen für meine Ohren jedoch ein viel zivilisierteres Englisch! Ist ja auch Geschmacksache. Ja, so hat mein Gehör schon fast ganze „Girls Nights“ ruiniert. Warum fragen die mich auch danach, wenn sie die Antwort gar nicht wissen wollen? Anderes Thema.

Aber, es geht jetzt gar nicht um die Australier und das ich deren Akzent daneben finde. Ganz im Gegenteil. Eine englische Freundin von mir ist jetzt in die USA gezogen und dort versteht sie keiner. So bin ich eigentlich auch auf diesen Beitrag heute gekommen. Ich habe mich von ihr inspirieren lassen. Sie ist also in die USA gezogen, dort versteht sie keiner, weil sie Engländerin ist. Willkommen in meiner Welt sag ich da nur! Ich bin keine Engländerin, dass will ich damit jetzt nicht sagen, ich meine nur, mich versteht hier auch niemand.

Es geht darum, dass die AustralierInnen meinen Akzent einfach nur unverständlich finden.

Beispiel: Ich gehe mir ein Eis kaufen. Ach schlechtes Beispiel, mach ich ja so gut wie nie, Kügelchen AUD 4,50 bis AUD 5! Also werde ich mein Beispiel doch lieber etwas realitätsnäher wählen. Ich gehe mir ein ein paar Schuhe kaufen.

Immigranten-Ich: „Haben sie das Paar auch in Größe XX?“

Verkäuferin: „Was?“

„WAS“. Es ist immer zu viel ein Höfliches: „Entschuldigung, das habe ich jetzt nicht verstanden, können sie das wohl kurz wiederholen (ich bin einfach so doof, ha ha ha)?“, zu erwidern.

Da bin ich sehr stur, kann einfach nicht anders. Ich stelle die gleiche Frage im gleichen Tonfall erneut.

Immigranten-Ich: „Haben sie das Paar auch in Größe XX?“

Verkäuferin: „Da geh ich mal gucken!“

Immigranten-Ich: „Großartig, danke schön“

Verkäuferin: „Sind sie Französin?“

Immigranten-Ich: „Danke fuer das Kompliment!“

Verkäuferin: „Was?“

Immigranten-Ich: „ ... ist schon ok!“

All zu gerne möchte ich wissen, wie viel Zeit ich in den letzten Jahren damit verschwendet habe, alles doppelt zu sagen. Ich bin zu meinem eigenen Papagei geworden. Wenn ich in besonders witziger Stimmung bin, sage ich alles zweimal, ohne das mein Gegenüber danach fragt. Einfach so. Die merken das meistens gar nicht. Ist aber noch blöder, meistens muss ich es dann wiederholen und habe letztendlich dreimal gefragt, ob es die Schuhe noch in Größe XX gibt.

Spreche ich mit meinen englischen Freunden über mein Schicksal der zur Papageiendame gewordenen Immigrantin, dass ganz ohne das die mich fragen, was ich ihnen jetzt erzählen möchte, stelle ich immer wieder fest, dass die auch die gleichen Probleme haben. Auch sie müssen hier alles wiederholen.

Wir fragen uns nur, warum man immer alles wiederholen muss? Versuchen sie Zeit zu schinden? Müssen sie das Gefragte verarbeiten, es sortieren und dann schnell versuchen ihrem Gehirn eine Reaktion zu entlocken? Wir fragen uns nur, warum man immer alles wiederholen muss? Versuchen sie Zeit zu schinden? Müssen sie das Gefragte verarbeiten, es sortieren und dann schnell versuchen ihrem Gehirn eine Reaktion zu entlocken?

Ja, ich weiß, das war jetzt zweimal, nur für den Fall, dass ...

Schöne Grüße aus Melbourne!


7 comments:

  1. Franzi aus QLD30 May 2011 at 13:20

    Oh Gott, ich habe mich gerade tot gelacht! Der erste laute Lacher kam bei "Hooligans".
    Mir ging es auch eine Weile so, ich musste immer alles wiederholen und dabei habe ich dann schon immer besonders deutlich und langsam gesprochen. Schlimm! Ganz schlimm! Ich hatte immer den Eindruck, die finden den Akzent ungewöhnlich und weil sie darüber nachdenken müssen, haben sie vergessen, wie die Frage war. Ich habe aber un-(?)glücklicherweise die Fähigkeit mir Akzente und Dialekte anzugewöhnen. Jetzt fragt mich keiner mehr. Außer neulich.. Da kam ein Maori mit seinem NZ Englisch an und fragte mich, wo ich her komme. Ich sagte "Deutschland" und er grinste und antwortete: "Na aber du hast jetzt schon so den Aussie Twang drauf." Twang? Och nö, oder?
    QLD Englisch kann ganz nett sein, aber hast du schon mal Occer gehört? Ich habe gehört Melbournians sollen klares Englisch sprechen, fast so wie die Briten? Das siehst du offensichtlich nicht so?
    Ach und noch ein Beispiel: Neulich habe ich einem Australier und einer Ungarin beim Gespräch zugehört. Beide haben so ihren eigenen Akzent aber der Australier fragte andauernd nach, was die Ungarin gesagt hat. Ich fand sie aber durchaus verständlich!

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  2. Hi Franzi

    Ja schon sehr interessant diese ganzen Akzente!

    Das die Melburnians klares Englisch sprechen, fast so wie die Briten, das stimmt nicht. Man kann sie sehr gut verstehen, doch es hoert sich einfach nicht nett an.

    Einmal während eines Urlaubs in London war ich in der Apotheke und wollte irgendwelche Tropfen kaufen. Die Dame am Counter meinte zu mir, "kann sein, dass sie die bei sich am anderen Ende der Welt bekommen, jedoch nicht hier bei uns". Da war ich auch nicht so begeistert von, anscheinend so wie ein Ozi rüberzukommen! Man kann sich sicher nur schwer davor schützen :-)

    Schöne Grüße aus Melbourne!

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  3. Ich hatte als Linguistikstudentin mal über Australisches Englisch nachgelesen und u.a. hieß es an einer Stelle, dass es eigentlich gar keine australischen Regiolekte, also regional unterscheidbare Dialekte gäbe, sondern lediglich (drei Haupt-)Soziolekte, also Dialekte, die nach sozialen Schichten unterteilt ziemlich gleichmäßig über das ganze Land verbreitet gesprochen werden.
    Natürlich bin ich geographisch jenseits aller Möglichkeiten, diese Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen :)

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  4. Hi Ani

    Was für eine interessante Info. Danke für Deinen Kommentar.

    Über den Zusammenhang habe ich so nie nachgedacht. Grob betrachtet zieht jede Stadt in Australien unterschiedliche Gruppen von Menschen an. Dass der Dialekt in Bezug zur sozialen Herkunft steht, macht ausgesprochen Sinn. Die Aussprache ist für viele ein großer Teil der Identitätsbildung.

    Kannst Du Dich vielleicht noch erinnern, wie diese drei Soziolekte sich einteilen lassen?

    Schöne Grüße aus Melbourne!

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  5. Dunkel erinnere ich mich noch, dass das Oberschichten-Australisch angeblich von Oxford-Englisch kaum zu unterscheiden sein sollte oder zumindest ähnlich. Der Einfachheit halber hab ich aber einfach mal bei Wikipedia gesucht und siehe da: http://en.wikipedia.org/wiki/Australian_English#Variation_and_changes (und der Hauptartikel dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Regional_variation_in_Australian_English)

    Es ist so verlockend, einfach immer weiter von einem Querverweis zum nächsten zu klicken. Viele der australischen Wortschöpfungen bringen mich einfach immer wieder zum Lachen :)

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  6. Hi Anie

    Danke, habe es mir durchgelesen und bin erstaunt wieviele von diesen Worten bereits zu meinem taeglichen Gebrauch gehoeren!

    Schöne Grüße aus Melbourne!

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  7. auch dieses hier? http://www.allmystery.de/i/tcN6QWa_V3bb6K_brekkies.jpg

    (Diese Frühstückscerealien sind nix für Vegetarier!)

    Schöne Grüße aus Berlin ;)

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