Sunday 22 August 2010

Alles Bio oder was?


Alles Bio. Ob diese von mir gewählte Lebenseinstellung tatsächlich Sinn macht, dass weiß ich nicht. Da gibt es kein schwarz „Bio ist falsch“ und kein weiß „Bio ist richtig“. Heute wird hier fröhlich berichtet, dass sich immer mehr Australier „Bio“ ernähren. Ja, behauptet wird, es wird immer normaler für sie. Guten Morgen Oz. Willkommen im neuen Jahrtausend! Unterdessen diskutiert man in Deutschland aber schon lange darüber, ob Bio überhaupt gesünder ist als konventionell angepflanztes Gemüse und Obst.

Wie soll das gehen, wenn jetzt alle Menschen Bioprodukte kaufen möchten? Massenproduktion und Bio, kann das funktionieren? Und wie Bio ist es, wenn ich hier in Australien ein mit dem Bio Siegel gekennzeichnetes Produkt aus Deutschland oder den USA kaufe? Es enthält sicherlich weniger Chemikalien, doch was ist mit den ganzen Kilometern, die das Produkt zurücklegen muss, bis es hier ankommt? Möglicherweise kann man die Bio Bewegung in drei Gruppen einteilen. Erstens die Gruppe Leute, die sich gesund ernähren möchte, zweitens die Gruppe der Leute, die Bio Produkte kaufen, um die Umwelt zu schützen und die dritte Gruppe Bio-Verbraucher die gleichzeitig Umweltschützer und ‚Gesund-Ernähren-Woller’ sind.

Vor einigen Tagen war ich hier in Melbourne in einem tollen Restaurant. Keines der verwendeten Bio-Produkte hat mehr als 200 Produktkilometer zurückgelegt, um auf meinen Teller zu gelangen, und gekauft werden die Produkte direkt bei den Bauern, ohne Zwischenhändler. Nicht nur das - alles war auch traumhaft lecker. Leider waren die Kellnerinnen alle ein wenig arrogant. Wären die jetzt auch noch locker gewesen, so wie Kellner hier in Australien normalerweise sind, dass wäre ja alles zu schön um wahr zu sein. Das sagt aber auch wieder viel. Gesunde Ernährung sollte völlig normal sein und nicht als etwas so besonderes gelten, dass die KellnerInnen sich deshalb wie Verkäuferinnen in einer Prada Boutique verhalten.

Bio, dass ist hier noch immer was relativ außergewöhnliches. Einkaufen gehen, dass bezeichne ich gerne als jagen. Ich frage mich jede Woche aufs Neue, ob ich eigentlich anders als andere bin. Und das nicht, weil ich normalerweise bei runtergelassenen Rollladen daheim sitze. Nein, einfach weil ich mich gerne gesund ernähren und mich über meine Produkte informiere möchte, bevor ich sie kaufe. Bio war hier in den letzten Jahren alles andere als etabliert und der Wocheneinkauf somit ein komplizierter Vorgang mit ewig langem herum fahren von Stadtteil zu Stadtteil. Ist nicht wirklich Bio, im Auto von Laden zu Laden zu fahren. Doch nichts ist perfekt.

Die meisten Leute argumentieren, Bioprodukte seien zu teuer, die können sie sich nicht leisten. Ja, dem stimme ich zu. Bio Tomaten/Kilo AU$ 11.90. Bio Rucola, Rauke Salat/Kilo AU$ 29.90. Multikornbrot/kg AU$ 8,50. 1 Bund Petersilie AU$ 3.90. Bio Kiwi/Stück AU$ 0,70. Bio Birnen/Kilo AU$ 9,90. Bio Limette/Stück AU$ 1,50. Herkunftsland aller Produkte Australien. Ich kaufe nur das, was wirklich von mir gebraucht wird. Das finde ich gleich dreifach gut. Man wirft nichts weg, man spart und man ernährt sich bewusster. Keine persönliche Erfindung von mir. So müssen doch unsere Omas wohl gelebt haben. Unser Kühlschrank sieht meistens eher leer aus. Richtig traurig. Doch, nur damit der Inhalt des Kühlschranks sexy aussieht, werde ich nichts Überflüssiges kaufen, um es später wegzuwerfen.

Es macht mir Spaß Produkte zu kaufen, die lokal und ohne Beigabe von Chemie angebaut werden. Fühlt sich richtig für mich an. So ganz trau ich aber auch den vielen Bauernmärkten nicht.



Letztens gab es einen kleinen Skandal, als sich herausstellte, dass ein Bauer alle Produkte auf dem großen Markt Queen Victoria Markt in der Innenstadt von Melbourne gekauft hat, diese dann aber auf dem Bauernmarkt als seine eigenen angeboten hat. Die sind alle voll nett die Bauern, die mir dort ihre Äpfel und Birnen verkaufen möchten. Doch wer sagt mir denn, dass die keine Chemie auf ihre Produkte schütten. Sie möchten auch Geld verdienen. Wohl die wenigsten Menschen werden Bauern, weil sie die harte körperliche Arbeit auf dem Feld lieben. Folglich kaufe ich alle Produkte im Bioladen und bezahle unendlich viel Geld. Doch eigentlich ja auch wieder nicht, da ich ja so lebe wie zu Omas Zeiten.

Egal, welches Ziel jeder einzelne verfolgt. Planet retten, gesund bleiben, glücklich leben. Wer bestimmt eigentlich was perfekt ist? Hauptsache ist doch, jeder Mensch ist zufrieden, mit der Entscheidung die er für sich selber getroffen hat. Fröhliches gesundes Leben weiterhin.

Schöne Grüße aus Melbourne!

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