Thursday 27 January 2011

Irgendwann hört das Heimweh einfach auf?

Hast Du jetzt noch Heimweh?

Obwohl schon einige Jahre her, sehe ich den Moment vor mir als sei er gestern gewesen. Ich sitze in Deutschland in meiner Küche, es schellt und wie vereinbart steht dort der freundliche Herr der Spedition. Pünktlich natürlich.

Wir trinken zusammen eine Tasse Kaffee und sprechen über den bevorstehenden Umzug. Schnell ist alles organisiert, paar Wochen später kommen die Möbelpacker, ungläubig stehe ich daneben, sehe zu wie sie alles verstauen und wegräumen. Ganz so als würden sie mein Altes ich in Kisten packen. Und das ist dann für immer weg. Es wird auf dem Weg nach Australien ertrinken. Der Schiffscontainer ist schnell gepackt. 300 Kartons. Da steht er vor meinem Wohnzimmerfenster im Nieselregen und wartet darauf nach Melbourne zu reisen.

Ich ziehe jetzt ganz weit weg. Mir ist mulmig zumute, irgendwie ist das auch alles ein wenig witzig, doch irgendwie auch nicht. Es folgen Abschiede und Tränen, dann der Abreisetag. Als Abreisedatum habe ich den Aschermittwoch gewählt. Niemand darf mich zum Flughafen begleiten, zu traurig.

Und wirklich, meine Bedenken waren nicht unbegründet. Alles war vorbei an diesem Aschermittwoch. Ich bin einfach verschwunden, obwohl ich ständig bei mir bin.

Was dann kam, puh. Man hat viele neue Leute und Orte kennengelernt, klar. Alles ganz toll, wie aufregend. Heimweh war bislang ein Gefühl, das ich nur in Urlauben in Griechenland kennengelernt habe. Jeden Abend habe ich meine Eltern angerufen, um zu sagen, dass ich auch diesen Tag wieder überlebt hatte, sie vermisse und froh bin in vierzehn Tagen wieder bei ihnen zu sein. Sobald ich aufgelegt hatte, ... Irgendwie kennt das ja jeder. Doch das hier lief auf einem ganz anderen Level ab.

Man klammert sich an so vieles. Wenn erst mal der Container mit den Büchern und Möbeln da ist, dann wird alles besser. Fehlanzeige. Wenn man mal etwas in den Urlaub fährt, wird es sicher besser. Fehlanzeige. Wenn man einen deutschen Film ansieht, dann … Eine Fehlanzeige jagte die Nächste. Um die viertausend Fehlanzeigen und ungefähr zwei Jahre später wurde es dann wirklich besser. Man gewöhnt sich an alles. Auch an den Schmerz, man kann ihn einfach so viel besser ertragen.

Hast Du jetzt noch Heimweh? Irgendwann war das Gefühl “Heimweh” einfach weg. Und im Nachhinein kommt es mir auch gar nicht mehr so schlimm vor. Aber noch mal möchte ich das nicht durchmachen.

Schöne Grüße aus Melbourne!

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